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Ein Wallfahrt die ist lustig...

Etterschlag – Mit Beginn des Frühlings finden bis in den späten Herbst hinein wieder zahlreiche Wallfahrten statt. Sie sind eine Form der Volksfrömmigkeit. In Gesellschaft oder aber auch alleine wird ein begnadeter Ort aufgesucht, wo für ein besonderes Anliegen Bittgebete abgehalten werden oder aber man dankt für eine erhaltene Hilfe. Dass es bei Wallfahrten oft auch recht feuchtfröhlich zugeht, davon zeugen etliche überlieferte Geschichten. Berühmt berüchtigt waren die Wallfahrer aus Grafrath und Mammendorf, die nach Andechs wollten, stets aber in Steinebach Zwischenstation machten. Wilhelm Raabe, alias Tiger-Willi, Gastwirtssohn aus Steinebach, weiß gar schaurige Geschichten darüber zu erzählen. Wie sich die Wallfahrer mit reichlich Gerstensaft stärkten, anrüchige Lieder sangen und zu guter Letzt vor lauter Beschwipst sein sogar ihr Kreuz vergaßen. Aufregend waren aber auch die Wallfahrten der Augsburger, die stets in Inning um Nachtquartier baten. Neun Monate später sollen in Inning regelmäßig die Geburtszahlen in die Höhe geschossen sein.
Dem Thema Wallfahrt hat sich auch der Etterschlager Schullehrer und Autor Joachim Königbauer (1849 bis 1935) angenommen. „Um unseren Herrgott zu bewegen, dass er den Wetterhexen das Handwerk lege und Sonnenschein und Regen in der richtigen Reihenfolge spende, veranstalteten die Etterschlager ihre Kreuzgänge“, ist in seinem Büchlein „Eine Kindheit auf dem Dorfe – 1849 bis 1862“, erschienen im Oreos-Verlag, nachzulesen. Mit dem Kreuz seien die Etterschlager entweder nach Grafrath, nach Weßling, Delling oder nach Andechs gegangen. „Die Wallfahrten nach den drei erstgenannten Orten waren je in einem Vormittage abgetan, verliefen daher geordnet und ohne besonderes Hindernis.“ Lediglich die Buben seien hie und da vom Wege der Buße und Andacht abgewichen, schreibt Königbauer. „Nicht nur, dass es öfters darüber Meinungsverschiedenheiten gab, wer das Kreuz tragen dürfe, auch andere kleine Händel wurden auf diesem Wege ausgetragen, um mitten im andächstigsten Seelenzustande lag einer im Straßengraben, aus dem er sehr verdutzt emporsah.“ Weit mehr erlebten die Bittgänger jedoch mit Ziel Andechs. „Am Seefelder Berg angekommen wurde kurz Halt gemacht und dann unter lautem Beten die Höhe erstiegen. Wie beim Durchwandern eines jeden Dorfes setzten wir Buben auch im Orte Seefeld unsere ganze Lungenkraft ein. Die Seefelder sollten es hören, dass es wir Etterschlager sind, sie sollten auch zu den Fenstern herausschauen; denn es gibt doch nichts Langweiligeres als ein Dorf, in dem niemand gafft.“ In Andechs angekommen freute man sich auf eine deftige mitgebrachte Brotzeit und auf eine oder auch mehrere Maß Bier. „Bekannte und Freunde schüttelten sich die Hände, die Weibsleute musterten ihre Mitschwestern aus den fremden Dörfern vom Fuß bis zum Kopf und hielten Modenschau, und die reifende Jugend beiderlei Geschlechts sah nicht nur auf den Hut, sondern auch darauf, was für ein Kopf denselben trug.“ Dass dabei oft Gedanken aufkeimten, die „nicht unmittelbar vom bußfertigen Herzen eingegeben waren“, auch davon weiß Königbauer zu berichten. Und als es dann gegen halb zwei Uhr nachmittags wieder zurück nach Etterschlag ging, blieb so manch’ zerbrochenes Herz zurück in Andechs. Uli Singer