Inning - Als der Bader Patienten kurierte

Inning – Ist man heute auf einen Arzt angewiesen, lässt sich aus einer Fülle von Inseraten für jedes Wehwehchen der richtige Doktor finden. Wie anders da noch zu Zeiten unserer Ahnen. Die Bader waren es seinerzeit, die sich mehr schlecht als recht um die Leiden der Patienten kümmerten. Einer, der laut Robert Volkmanns Geschichtenbuch in Inning 1708 für Schlagzeilen sorgte, war Georg Holzapfel. In geradezu beleidigender Weise habe er über seinen Kollegen aus Seefeld geschimpft und ihn gar einen Kurpfuscher genannt. Hans Christoph Remy schäme sich nicht, so Holzapfel, selbst dann noch von seinen Patienten Geld zu verlangen, wenn diese nach der Behandlung „krumpp“ herum liefen. Im Juli 1709 wurde Holzapfel verurteil, die Gerichtskosten zu übernehmen und das „Schmächwortt“ zurückzunehmen.
Das erste „Baad“ in Inning gründete Holzapfels Nachfolger Franz Ignatz Häring. Er kam zwar wegen der modernen Badeanstalt zu Ehren. Andererseits aber hatte er wegen dubioser Behandlungsmethoden mehr als einmal mit der Münchner „Battaillonschirurgio“, eine Art Aufsichtsbehörde, zu tun. Anfang des 19. Jahrhunderts ließen sich dann die ersten richtigen Ärzte auf dem „Chirurgenanwesen“ an der Herrschinger Straße nieder. Waren sie auf dem Weg zu den Patienten, durften sie mangels einer Inninger Apotheke „ausnahmsweise sogar eine Handapotheke“ mit sich führen. Drei Jahrzehnte ist es gerade einmal her, dass in Inning die erste Apotheke eröffnet wurde. Rezepte wurden bis dahin gesammelt und nach Seefeld zur Schlossapotheke gebracht. Um das Sammeln zu erleichtern, waren in sämtlichen Ortsteilen so genannte „Apothekerkästchen“ aufgestellt. Als Landärzte berühmt jedoch wurde die Dynastie Josef Bals. Der erste Bals errichtete für die Behandlung seiner Patienten 1830 auf dem Bader-Anwesen Haus Nr. 72 einen „schwäbischen Traufseitsbau“. Der letzte aus der praktizierenden Bals-Dynastie, ebenfalls ein Josef, sorgte 1911 laut Inninger Hausgeschichten sogar dafür, dass eine ordentliche Wasserversorgung gebaut wurde und das elektrische Licht nach Inning kam. Die Witwe Bals wiederum verkaufte das unter Denkmalschutz stehende Haus anno 1932 an den Filmproduzenten Hubert Schonger. Mag es Zufall sein, dass dort, wo einst die Landärzte für das Wohlbefinden ihrer Patienten sorgten, in wenigen Tagen ein Fitness- und Wellnesscenter eröffnet? Uli Singer


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